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Donnerstag, 6. Dezember 2012

lauschende Bäume

Nein. Diesmal nicht dem Gesang von Orpheus, sondern der lauten Geräuschwelt unseres technischen Zeitalters. Dieses eigentlich auch nur als Beispiel für Sinne, um die Umwelt wahrzunehmen. Wir Menschen haben diesen Sinnen jeweils, für uns verständlichen Namen gegeben. Tasten, Riechen, Schmecken, Sehen und Hören. Das diese Einteilung nur sehr grob ist und die Wahrnehmung nicht vollständig darstellen kann, erkennen wir bereits darin, dass heutzutage weitere Sinne Erwähnung finden - so eben der Gleichgewichtssinn und der Temperatursinn. Instinktiv wenden wir unserer Erkenntniswelt auch auf anderer Lebewesen an, fragen also "können Bäume hören und riechen?" Ich sage dazu mal ganz pauschal: na sicher! Nicht nur bei uns Menschen, sondern auch auch bei allen anderen Lebewesen, setzt sich die Ansicht der Umwelt aus einem Komplex von Wahrnehmungen zusammen, sie entsteht praktisch erst im Gehirn. Ohne solche Ansicht, ist eine Interaktion mit der Umwelt nicht möglich. Wie die einzelnen Sinne dabei heißen, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur ob und welches "Bild" durch Rezeptoren übermittelte Umweltreize entsteht. Bei Pflanzen ist das nicht anders, ob wir ihnen das zugestehen oder nicht. Pflanzen nehmen die Umwelt war und organisieren entsprechen dieser Wahrnehmung ihr Leben. Ob das Gehirn dabei eine zentrale Masse ist oder dessen Funktionen anders verteilt und organisiert sind, ist nebensächlich.

drei Acer im Gespräch. Als Verwandte haben sie sich darauf verständigt, friedlich zusammen
zu leben. In der Vegetationsperiode wird auch im nächsten Jahr eine gemeinsame Krone
gebildet. Tilia in ihrer Mitte wird weiterhin geduldet. Diese kommt mit dem weniger Licht Art
gerecht ganz gut zurecht
Also eines ist sicher: Ohren, so wie wir diese als spezialisierte Organe zum Hören kennen, wurden bisher bei Bäumen nicht gefunden. Trotzdem meine ich, Bäume können auch hören, im Sinne der Wahrnehmung von durch Schall verursachten Schwingungen. Damit bin ich vollständig auf der Seite von Pflanzenneurobiologen. Auch manche Pflanzenfreundin und mancher Pflanzenfreund wird bestätigen können, dass ihre Zimmerpflanzen besser wachsen, wenn man mit ihnen spricht oder schöne Musik vorspielt. Forscher haben das auch getestet und sind dabei durchaus zu Resultaten gelangt, welche den Schluss zulassen, dass Pflanzen offenbar auch akustische Signale aufnehmen können.
Wie das geschieht ist noch nicht so richtig klar. So kann zum Beispiel vermutet werden, das Zellen über die Zellmembran,  die von Tönen ausgehenden Schallwellen spüren und differenzieren können. Wir selbst spüren ja auch starke Schallwellen durch "Mark und Bein" - besonders die Vibrationen, welche kräftige Bässe hervorbringen. Auch Insekten hören ohne die uns bekannten Ohren, sondern über Vibrationssensoren wie z.B. feinen Härchen. Warum sollen Pflanzen das nicht auch können oder gelernt haben? Und genau besehen, machen unserer Ohren auch nichts anderes, als über eine sinnreiche Mechanik Schallwellen in für das Gehirn verwertbare elektrische Signale umzuwandeln.
Mir persönlich ist eher unklar, warum sich bei Pflanzen solche Fähigkeiten hätten entwickeln sollen. Was nutzt einem Baum hören zu können? Aber es geschieht so vieles in der weiten Welt der Natur, was ich nicht verstehe und selbst Fachwissenschaftlern Rätsel aufgibt. Man merkt es schon daran, dass ernsthafte Wissenschaftler völlig entgegengesetzte Meinungen zum Thema können Pflanzen hören vertreten. Der Schöpfer Natur fragt eben nicht unbedingt nach dem Sinn einer Entwicklung.
Was im übrigen die Musik angeht, bei Pflanzen ist offensichtlich klassische Musik mehr angesagt als moderne  Rockmusik. Was auch daran liegen könnte, das bislang mit der falschen Musik experimentiert wurde. Ob dabei auch meine Lieblingsmusik (Frank Zappa) eingesetzt wurde, entzieht sich jedenfalls meiner Kenntnis.


Aber zum Umgang der Bäume mit Lärm. Das durchschnittliche Lebensalter eines Berliner Straßenbaumes soll bei etwa 60 Jahren liegen. Die Bedingungen in der modernen Großstadt sind sicherlich nicht optimal, um für einen Baum ein langes Leben zu ermöglichen.



Unterhalb der Erde ist es nicht leicht, an die richtigen Nährstoffe zu gelangen. Auch mit der Beschaffung von Wasser sieht es bei den versiegelten Stadtlandschaften eher schlecht aus. Oberhalb der Erde hat der Baum ebenso mit schädlichen Einflüssen zu tun. Stadtluft ist möglicherweise auch für Bäume nicht gesund  - das für uns als schädlich betrachtete CO2, wird dem Baum allerdings eher als positives Nahrungsangebot erscheinen. Die großen Häuser treten als "Konkurrenten" im Kampf um das Licht auf. Künstliches Licht zur Nacht, erschwert vielleicht die Unterscheidung in Tag und Nacht. Überdies schneidet der Mensch an den Bäumen herum, um seine Autos zu schützen und vollzieht dieses bestimmt nicht immer qualifiziert. Außerdem pflanzen wir Menschen die Bäume, was unter anderem auch bedeutet, das nicht der Baum, sondern der Mensch den Standort festlegt. Dieser somit nur selten optimal ist. 
Wir sehen schon an dieser kleinen Auswahl, das es viele Faktoren gibt, welche das Wachstum eines Baumes bestimmen. Inwieweit Lärm - oder sagen wir Schall, denn Lärm enthält ja bereits die menschliche Bewertung von Geräuschen, das Baumwachstum und zu frühes Ableben beeinflusst, ist schwer aus all den beeinflussenden Faktoren herauszufiltern. Selbst der Vergleich von gleichartigen Bäumen an der lauten Hauptstraße und der stillen Nebenstraße hilft wenig. Sind doch alle anderen Einflüsse auch anders. Streng genommen ist nicht einmal klar ob inwieweit diese Schallwellen gar positiv wirken. Wir werden also warten müssen, bis wir die Sprache der Bäume richtig verstehen und wir das im Interview mit dem Baum klären können. Bis dahin lese ich etwas darüber, wie man Bäume versteht.

Diese Platane ist ein wenig geneigt. Allerdings nicht so, wie ich es erwarten müsste. Demnach sollte sie genau entgegengesetzt geneigt sein. Süden ist im Bild nämlich links. Von dort kommt das kräftigste Sonnenlicht. Von der rechten Seite (Norden) kommt dafür Regen und Wind. Man erkennt es an der durch Moos grün gefärbten Rinde des Baumes. Auch ist der Stammquerschnitt stromlinienförmig oval in Nord-Süd Richtung. Warum macht der Baum das also? Gibt es möglicherweise starken Wind von Süden, welcher durch die lange und hohe Häuserzeile der Schulze-Boysen-Straße genau auf den Baum weht? Ich weiß es nicht, habe selbst jedoch bisher nur kalten Nordwind wahrgenommen. Was jedoch auch daran liegen könnte, das mir warmer Südwind angenehmer erscheint.
Vielleicht ist für ihn an diesem Ort die Nahrungsaufnahme wichtiger, als möglichst viel Sonnenlicht für dessen Verarbeitung zu bekommen. Denn durch die leichte Neigung, ist er etwas dichter an der stark befahrenen Frankfurter Alle dran und erhält dadurch mehr CO2    (Kohlendioxid). Das ist für einen Baum ein ganz wichtiges Nahrungsmittel, wie wir wissen. Aus dem Kohlendioxid wird über den Prozess der Photosynthese, energiereiche Glukose als der Nährstoff des Baumes generiert. Nahe an einer stark befahrenen Straße ist für den Baum also mehr Nahrung zu erhalten, als hinter den Häusern. Ich gebe zu, meine Vermutung ist nicht sehr wissenschaftlich fundiert. So gerät der Baum durch die Schieflage möglicherweise auch ein wenig stärker aus dem Schatten eines 20 m östlich gelegenen Hochhauses. Wie bei uns Menschen ist die Entscheidung auch aus einem Gemenge von Bedingungen zu verstehen, von welchen wir beim Beispiel dieses Baumes die Mehrzahl nicht kennen oder erkennen. Der Gedanke das der Baum "schnüffelt" würde bedeuten, das Bäume riechen können. Oder präziser gesagt - sie können Duftstoffe differenzieren. Beobachtungen und Forschungen, scheinen das zu belegen. Bereits vor Jahren las ich das Beispiel mit den Akazien in der Savanne (einfach mal unter wood wide web googeln). Als weitere Möglichkeit fällt mir ein, dass der Baum einfach entschieden hat, das sich besser gegen den kalten Nordwind zu wehren ist, wenn man sich ihm entgegenstellt. Als Mitglied der GdLb (Gewerkschaft der Laubbäume) setzt er damit einen Beschluss um. So zieht der Wind nicht nur an seiner Verankerung, sondern drückt ihn fest in den Boden. Wer bei windigem Regenwetter unterwegs ist, weiß was ich meine.



Das beugen über stark befahrene Straßen, um von den Häusern weg, lichtintensivere Bereiche zu erobern,  ist mir gerade bei Platanen  auch schon anderenorts aufgefallen. Im Vergleich ist das besonders deutlich. Auf meinem Arbeitsweg stehen Ginkgo, Linde und Platane als Straßenbaum an einer Hauptstraße. Während Ginkgo und Linde ziemlich gerade wachsen (was zeigt das diese entweder genügsamer sind oder effektiver mit dem Sonnenlichtangebot umgehen) und nur etwa einen Meter von der idealen Senkrechten abweichen, verbiegen sich die Platanen und legen 5 m und mehr aus. Sie stehen dann mit der Krone über der Fahrbahn. Dafür weichen die Bäume um bis zu 30 Grad von der vertikalen Ausrichtung ab. Bei diesen Bäumen beträgt die Neigung bereits am unteren Teil des Stammes 20 Grad, um zu Ende hin bogenförmig zuzunehmen.

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